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tag 1

die vorgeschichte findet ihr im menü, ich darf sie hier als bekannt voraussetzen.


es ist der fünfte januar, ein tag vor heilige drei könige. am vorabend hatte ich zusammen mit meiner frau wäsche und habseligkeiten für die kommenden sechs monate gepackt und am morgen das auto damit beladen. wir fuhren um kurz nach neun mit kind und kegel los und kamen eine gute stunde später an. obwohl wir vorbereitet waren, fiel der abschied schwer. vor allem von den kindern, denn die werde ich besonders schmerzlich vermissen. in einem halben jahr passiert in ihrem alter so viel in der entwicklung, dass ich einiges verpassen werde, was mir sehr weh tut.


nach der verabschiedung nahm ich meine zwei schweren reisetaschen und meinen rucksack und die familie fährt wieder, jetzt war ich auf mich selbst gestellt. nicht sehr angenehm, weil ich mir schon immer schwer getan habe, auf neue menschen zuzugehen.

ich ging zum empfang, werde dort gebeten, meine taschen stehen zu lassen und zur aufnahme zu gehen. dort wurden mir meine arztbriefe und mein zum glück negativer coronatest abgenommen und ich wurde wieder vor die tür geschickt. nach nur einer minute kam schon jemand und stellte sich mir als mein pate vor. er brachte mich zu den aufnahmeuntersuchungen und eröffnete mir auf dem weg schon mal, dass der aufnahmetag ziemlich mit terminen bepackt sei.

in "der medizin", so wird hier der bereich genannt, in dem ärzte und arzthelferinnen ihre zimmer haben, musste ich als erste amtshandlung eine urinprobe abgeben, und obwohl ich das schon öfter musste, war es die erste, bei der mich eine frau kontrolliert hat. dann wurde ich gewogen, gemessen, mir wurde ein ekg geschrieben und der blutdruck gemessen. dann ging es weiter zum internisten, der mich abgehört hat und ein kurzes anamnesegespräch mit mir geführt hat, bevor ich weitergeschickt wurde zum neurologen, der meine psychopharmaka durchgeschaut und zusammen mit mir meinen medikamentenplan erstellt hat. damit war ich in der medizin fertig und wir gingen weiter zu meiner bezugstherapeutin, einer sehr netten psychologin. dann wurde mir kurz mein zimmer gezeigt bevor wir zum essen gegangen sind. dass mein pate seinen kompletten teller unter einer dicken, langsam durchfeuchtenden schicht aus gemahlenem pfeffer, der aus einem verdächtig großen streuer kam, begraben hat, hat schon einen verdacht in mir geweckt, den das hacksteak mit blaukraut und kartoffeln bestätigt hat.

nach dem essen half mir mein pate, meine schweren taschen vom empfang in mein zimmer im hintersten haus des geländes zu bringen, bevor es dann direkt zum nächsten termin weiterging. der therapeutische leiter der klinik stellte sich und das therapiesetting vor, und ich war angenehm überrascht. er ist sehr sympathisch und charismatisch, ich bin gespannt, ob ich ihn in einer therapie wiedersehe, was mich ehrlich freuen würde. nach diesem termin ging ich zurück in mein zimmer, wo ich als erstes das bett bezog und anfing, meine wäsche in den schrank zu räumen, doch schon nach einer halben stunde ging es zum nächsten termin, der sogenannten "testung". dort mussten wir neuankömmlinge die symptomcheckliste-90 ausfüllen, was ich mittlerweile zum siebten mal gemacht habe, weswegen ich nach nur zehn minuten schon fertig war.

zurück im zimmer stellte ich fest, dass mein vorgänger oder die damen von der hauswirtschaft die heizung abgestellt hatten, weil es inzwischen ziemlich kalt war. ich verzog mich ins bett und schaute ein paar videos, bis ich nach einer guten stunde schon wieder zum abendessen musste. um 19 uhr holte ich mir mein truxal in der medizin und dort war auch direkt im anschluss der letzte termin des tages, abgesehen von der medikamentenausgabe für die nacht, nämlich die vorstellung des nachtdiensts. uns wurden die regeln zum tagesablauf erklärt, die sich in aller kürze ungefähr so zusammenfassen lassen: unter der woche aufstehen um 6:30, sonntags 7:30, samstags darf man ausschlafen bis zur medikamentenausgabe um 8:45. nachtruhe sonntags und werktags ab 21:45, freitags und samstags um 22:45, danach jeweils rundgang der nachtschwestern. im speisesaal kein handy und keine kopfbedeckung, rauchen nur in den dafür vorgesehenen häuschen am rand des geländes.


danach ging ich in mein zimmer, telefonierte mit meiner frau, holte um 21 uhr noch mein doxepin und atosil und habe dann nach ein bisschen videos schauen bald geschlafen.


dieser erste beitrag war sehr lang, das ist den vielen terminen am aufnahmetag geschuldet, die ich so kurz wie möglich wiedergegeben habe. keine sorge, die kommenden beiträge werden kürzer.


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