nach dem freien sonntag, an dem ich mich in müßiggang ergangen hab und außer ein paar runden skat am abend eigentlich keiner aktivität nachgegangen bin, war heute wieder ein tag, der zumindest auf den ersten blick pickepacke voll war.
angefangen hat es damit, dass es gleich vor dem frühstück noch an der tür geklopft hat, die dann auch gleich ein freundlicher junger mann geöffnet hat, um mich auf alkohol zu testen. das war aber nach 30 sekunden fertig, am längsten dabei hat es gedauert, dass ich mein puströhrchen geholt hab. beim frühstück kam ich dann nicht umher, ein gespräch mitzuhören, in dem ein patient erzählt hat, dass er in den ersten zwei wochen acht mal getestet wurde. das ist schon viel. auch wenn es mich nicht wirklich stört und ich mit jedem test ja weiter vertrauen aufbauen kann, fände ich es angenehmer, wenn es bei der jetzigen frequenz bleibt und ich einmal pro woche getestet werde.
der nächste termin war dann um halb zehn eine "laborbesprechung" beim internisten. alle werte sind im normbereich, das einzige was er anzumerken hatte, war, dass ich "ein biiiiisschen" mehr wasser trinken und "ein biiiiiischen beweglicher" sein soll, aber nur wenn ich lust hab, weil die werte in ordnung sind. bei der gelegenheit hab ich dann auch nachgefragt, wie es hier mit der impfung läuft, da wusste er aber noch nicht bescheid und hat mich gebeten, in zehn tagen nochmal nachzufragen. wir sind hier zwar sehr gut gegen corona geschützt, weil wir, besonders am anfang des aufenthalts, so gut wie keinen kontakt nach draußen haben und die pfleger (und ich denke auch die therapeuten), die mit uns in kontakt kommen, früh an der reihe sind. trotzdem will ich so bald wie möglich die impfung haben, weil auch ein leichter verlauf riech- und geschmacksverlust mit sich bringt und ich darauf schon keinen bock hab.
um 11 uhr war dann das zweite mal gruppentherapie. heute waren noch zwei patienten dabei, die schon länger hier sind, wir waren also zu sechst. bei der befindlichkeitsrunde, die immer am anfang stattfinden, in der man sagen kann, wie es einem geht und was einen gerade beschäftigt, kam heute von niemandem ein thema, das besprochen werden musste, also hat die therapeutin, die am freitag nicht dabei war, vorgeschlagen, ein arbeitsblatt zu bearbeiten. dabei ging es um die drei fragen "was ist (psychotherapie)?", "wie kann psychotherapie gelingen?" und "welche themen muss ich besprechen, um mein ziel zu erreichen?". auf den ersten blick einfache fragen, die schnell beantwortet sind und scheinbar eine hilfestellung für noch nicht gruppentherapieerfahrene patienten. aber beim gemeinsamen durchgehen der antworten haben sich doch noch einige facetten aufgetan, an die man selbst nicht gedacht hat. besonders viel spaß hat mir die gruppe heute nicht gemacht, aber ein bisschen was kann ich natürlich mitnehmen.
das interessanteste an dieser gruppenstunde war, dass ein patient sichtlich erregt gefragt hat, warum man in den raucherbereichen keinen kaffee trinken darf, er hätte am morgen extrem ärger bekommen, weil er mit der kaffeetasse beim rauchen war. die therapeutin wusste darauf auch keine befriedigende antwort, sondern hat gemutmaßt, dass die klinik verknüpfungen lösen will zwischen kaffee und rauchen. das leuchtet mir überhaupt nicht ein. wenn man verhindern will, dass patienten rauchen, muss man ein generelles rauchverbot aussprechen und dementsprechend kurse zur tabakentwöhnung anbieten. mir kann es egal sein, aber der einzige grund, den ich als raucher gelten lassen würde, wäre, dass in der vergangenheit überall kaffeetassen rumgestanden sind und das ein zustand ist, den die klinik mit diesem verbot verhindern will. interessante regel auf jeden fall.
nach dem mittagessen ging es dann weiter mit einer arbeits- und berufsanamnese bei einem der arbeitstherapeuten. ich musste einen fragebogen mitbringen, in dem es um belastungen am (ehemaligen) arbeitsplatz geht, um die eigene einschätzung, inwiefern die arbeit zur abhängigkeitserkrankung beigetragen hat und wie man sich die berufliche zukunft vorstellt. außerdem musste ich einen detaillierten lebenslauf abgeben. die ganzen unterlagen sind wir gemeinsam durchgegangen und es hat sich im gespräch ohne großen aufwand herauskristallisiert, dass ich nach meiner therapie einen neuen beruflichen weg einschlagen sollte und wir gemeinsam bei der rentenkasse einen antrag auf eine umschulung stellen. laut dem therapeuten werden diese anträge eigentlich ausnahmslos genehmigt und die rentenkasse bezahlt während dieser umschulung die gleiche summe wie das krankengeld, das vor der therapie die krankenkasse bezahlt hat. mit diesem geld kann man zwar keine großen sprünge machen, aber das auskommen ist gesichert.
der letzte termin des tages war um 17 uhr ein workout für die neuen patienten in der turnhalle. nachdem wir uns aufgewärmt hatten, hat die sporttherapeutin einen zirkel mit acht stationen hergerichtet, auf die wir uns verteilt haben. jeder musste pro station drei durchgänge à 45 sekunden machen mit 15 sekunde pause dazwischen. ich hab mich natürlich fürchertlich überschätzt bei der ersten station und dachte, dass ich das locker durchhalten könne. aber zwei oder drei stationen waren dermaßen anstrengend, dass ich bei der letzten den dritten durchgang unterbrechen musste, weil mir einfach die kraft ausging. ich merke schon, dass ich morgen einen mächtigen muskelkater haben werden, fühle mich aber gut, mein körper ist froh um ein bisschen auslastung. ich weiß nicht, wie oft ich noch in den genuss komme, dieses sportprogramm im wochenplan zu haben, die therapeutin hat gesagt, dass das zwischen ein- und dreimal schwankt, da die aktuelle coronasituation nicht mehr als acht leute in der turnhalle zulässt. im weiteren verlauf des aufenthalts kann man dann eine sportart wählen, die man machen möchte. zur auswahl stehen soweit ich weiß badminton, volley- und basketball. ich denke ich werde mich an badminton versuchen oder schauen ob es noch andere auswahlmöglichkeiten gibt.
nach dem sport ging ich nur schnell in mein zimmer, mich umziehen und dann direkt zum essen. da ich so fertig war nach dem langen tag (ich war irgendwie schon am vormittag müde, obwohl ich genug und gar keinen schlechten schlaf hatte), hab ich die skatrunde ausfallen lassen und hab mich im zimmer beschäftigt.
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